Korea in Euerfeld

Sie betreiben beide Landwirtschaft, aber größer könnten die Unterschiede kaum sein.Auf der einen Seite die konventionell wirtschaftenden Euerfelder Bauern, oft mit großem Viehbestand, viel Flächen und hohem Maschineneinsatz. Auf der anderen Seite 20 Okölandwirte aus dem Süden Koreas, die im Schnitt nur ein bis zwei Hektar Feld oft mühselig und mit großem Aufwand bewirtschaften.

So war das Interesse groß, sich gegenseitig kennen zu lernen und zu erfahren, wie sich die Lage in dem jeweils anderen Land darstellt. Die Katholische Landvolkbewegung (KLB) und der Bayerische Bauernverband (BBV) hatten am Montag, 11. Dezember, gemeinsam zum Bildungsabend mit den Gästen aus Korea geladen und der Pfarrsaal in Euerfeld platzte fast aus allen Nähten. Landvolk-Vorsitzende Claudia Mack freute sich, so viele Gäste begrüßen zu können und stellte die Arbeit der KLB in Euerfeld vor. BBV-Obmann Bruno Scheller berichtete, dass rund 850 Hektar der Euerfelder Gemarkung landwirtschaftlich genutzt werden. Von den 70 landwirtschaftlichen Betrieben, die es vor 70 Jahren gegeben hat, sind heute noch 20 übrig geblieben, davon zehn Landwirte im Haupterwerb.

Die Koreaner sind allesamt Mitglieder der CCFM (Corean Catholic Farmers Movement), in der rund 1000 Bauern zusammengeschlossen sind. Sie werden von 2300 städtischen Aktivisten unterstützt, die auch die Vermarktung der Produkte wie Reis, Salz, Erdbeeren oder Pflaumen übernehmen. Auf über 200 Märkten, in Pfarreien und 26 Läden werden die Produkte der Ökolandwirte verkauft, berichtete Pfarrer Lee Young Seon.
Ein Ziel von CCFM ist es, die ländlichen Dörfer mit ihrer kleinbäuerlichen Struktur vor dem Untergang zu bewahren. Denn durch Lebensmittelimporte aus dem Ausland wird nach Lees Worten die Existenz der Kleinbauern bedroht. Wichtig sei es, die „Souveränität der Landwirtschaft wieder herzustellen.“ Deshalb fordert die CCFM eine Änderung der Verfassung. Unter anderem soll dort der Preis für Reis und die Rechte der Bauern festgeschrieben werden.

Zudem berichtete der Geistliche über die schwierige politische Lage in Südkorea und den jahrzehntelangen, teils blutigen Kampf der CCFM für mehr Gerechtigkeit und Bauernrechte. Bei der Gründung des Verbands 1966 seien die Bürger im Land unterdrückt worden, viele konnten nicht lesen und schreiben, sagte der koreanische Geistliche. Auch wenn sich inzwischen viel getan habe, so gebe es bis heute große Ungerechtigkeit im Land, gegen die die CCFM immer wieder demonstriert.2015 sei der frühere Präsident des CCFM, Baek Nam Gi, bei einer Demonstration für gerechte Reispreise von Wasserwerfern der Polizei schwer verletzt worden. Nach über

300 Tagen im Koma ist er schließlich verstorben, berichtete Lee. Bisher wurden weder die Verantwortlichen bestraft, noch fand eine ordnungsgemäße Ermittlung statt. „Wir haben immer unter Einsatz unseres Lebens gekämpft“, betonte der Pfarrer. Trotz seines von zahllosen Protesten begleiteten Todes nannte er Baek Nam Gi „unseren Retter“. Durch seinen Tod sei die Menschlichkeit zurück gewonnen worden.

Der neue Präsident Südkoreas, Moon Jae-in, sei für die Forderungen der Bauern aufgeschlossener. Trotzdem gehe der Kampf an den zwei Fronten Demokratie und Selbstversorgung weiter. „Ohne eigene Landwirtschaft werden wir versklavt“, sagte Lee. Deutschland bietet nach seinen Worten viele Visionen für sein Land. Als Beispiele nannte er das Bildungssystem und die Krankenversicherung, die es in Korea nicht gebe.

Zuvor hatten die Koreaner den Stall von Bruno Scheller besichtigt. Mit großen Augen bestaunten sie die Melkanlage und die weitläufigen Stallungen, eine Koreanerin griff sogar selbst zur Heugabel, um die Tiere zu füttern. Bereits am Vormittag waren sie schon einmal für eine Stunde in Euerfeld, um an der Bruder-Klaus-Kapelle etwas vom Leben und Wirken des Landvolk-Patrons zu erfahren.

Die 20köpfige Gruppe aus Korea ist auf Einladung des Diözesanverbands der KLB in Unterfranken unterwegs. Die Kontakte wurden über die FIMARC geknüpft. Präsident dieser internationalen Vereinigung von Landvolkbewegungen ist Diözesanlandvolkseelsorger Wolfgang Scharl. Die FIMARC hat Mitgliedsbewegungen in ca. 60 Ländern Asiens, Afrikas, Europas sowie Süd- und Nordamerikas. Ziel ist es, die Mitglieder zu vernetzen, die Bildungsarbeit auf dem Land zu fördern und die Interessen der Bauern und der Landbevölkerung weltweit zu vertreten.